Das „Zwergenreich“ wird nach und nach erobert, steirische Forscher sind federführend an entscheidenden Entwicklungen in diesem zukunftsweisenden Bereich beteiligt. Das Land Steiermark honoriert diese Leistungen mit dem Spezialforschungspreis für Nanowissenschaften und Nanotechnologien. „Nanotechnologien liefern die Voraussetzungen für die Entwicklung neuer Materialien und beeinflussen deren Weiterentwicklung entscheidend. Wir sind stolz, dass wir in der Steiermark über ein Netz an hoch qualifizierten Wissenschaftern in diesem aufstrebenden Bereich verfügen und freuen uns als TU Graz in diesem Jahr Gastgeber zu sein, wenn besonders herausragende Forscher-Persönlichkeiten für ihre Leistungen ausgezeichnet werden“, erklärt TU-Rektor Hans Sünkel. Die TU Graz ist Teil der steirischen Nano-Initiative „NANONET Styria“, die Kompetenzen und Interessen im Bereich der Nanotechnologie in der Steiermark stützt und bündelt.
Zeit: Donnerstag, 15. Oktober 2005, 19.00 Uhr (Aperitif ab 18.30 Uhr)
Ort: TU Graz, Hochspannungshalle des Instituts für Hochspannungstechnik und Systemmangement, Inffeldgasse 18
Preisträger und Projekte
Kategorie 1 – Grundlagenforschung:
Univ.-Prof. DI Dr. Christian Mitterer, Montanuniversität Leoben
Seit mehr als fünfzehn Jahren beschäftigt sich Christian Mitterer mit seiner Arbeitsgruppe „Surface Engineering“ am Department Metallkunde und Werkstoffprüfung der Montanuniversität Leoben mit der Entwicklung von nanostrukturierten Hartstoffschichten. Diese nur wenige Mikrometer dicken Schichten werden zum Zweck des Verschleiß-Schutzes an Werkzeugen oder Maschinenbaukomponenten eingesetzt. Die Anforderungen an diese Schichten sind hohe Härte und Verschleißbeständigkeit, aber auch niedrige Reibung. Die von Mitterer und seinem Team durchgeführten Arbeiten zeigen, dass durch die gezielte Optimierung von Nanostrukturen in diesen Schichten selbstadaptive, sozusagen „chamäleonartige“ Eigenschaften wie Selbstaushärtung oder Selbstschmierung erzielt werden können.
Geboren 1962 in St. Johann in Tirol, entschied sich Christian Mitterer für das Studium der Werkstoffwissenschaften an der Montanuniversität Leoben, wo er 1994 promovierte und sich im Jahr 2000 für das Fachgebiet der Oberflächentechnik habilitierte. Seit April 2004 leitet Mitterer weiters das Christian-Doppler-Labor für „Advanced Hard Coatings“ am Department Metallkunde und Werkstoffprüfung der Montanuniversität Leoben. Für seine Arbeit zum Thema „Selbstadaptive Nanostrukturierte Hartstoffschichten für den Verschleißschutz“ erhält der bereits mehrfach ausgezeichnete Wissenschafter den mit 10.000 Euro dotierten Preis in der Kategorie „Grundlagenforschung“.
Kategorie 2 – Wirtschaftliche Anwendungen
Alicona Imaging GmbH bietet hochwertige Systeme zur optischen Vermessung und Kontrolle an. In den letzten vier Jahren entwickelte Alicona ein optisches 3D-Oberflächenmessgerät. Mit der entwickelten Technologie ist es möglich, direkt in Farbbildern der betrachteten Oberfläche dreidimensional zu messen: Parameter wie Rauheit, Profiltiefe oder sogar Volumina können so vermessen werden. Dadurch eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten in der Analyse von Oberflächen.
Das in Grambach bei Graz ansäßige Unternehmen wurde von Absolventen der TU Graz gegründet und exportiert mittlerweile in die ganze Welt. Im Vorjahr wurde Alicona von einer Jury unter der Leitung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft, Martin Bartenstein, zum erfolgreichsten Jungunternehmen Österreichs gekürt. Für die eingereichte Arbeit „Berührungslose Vermessung von Microvias – InfiniteFocus in der Leiterplattenindustrie“ wird das Unternehmen nun auch vom Land Steiermark mit einem mit 7.500 Euro dotierten Preis ausgezeichnet.
In der selben Kategorie erhält die AVL LIST GmbH für die Arbeit „Sensor zur Bestimmung des Redox-Zustandes von Hochtemperaturbrenstoffzellen auf der Basis nano-beschichteter Galliumphosphat-Kristall-Mikrowaagen“ einen Preis. Hochtemperaturbrennstoffzellen wie etwa die Festoxidbrennstoffzelle müssen im Betrieb mit Gasen versorgt werden. Als Katalysatormaterial an der Anode wird beispielsweise Nickel oder Nickel-Cermet verwendet, das jedoch beim Kontakt mit sauerstoffhältiger Atmosphäre Nickeloxid bildet, wodurch die katalytische Aktivität beeinträcht wird. Aus diesem Grund muss eine so genannte „Reduktionsphase“ durchlaufen werden. Umgekehrt ist mitunter bei Wartungsarbeiten eine Oxidation des Anodenmaterials nicht vermeidbar. Die Reduktion und Oxidation der Anode wird auch als „Redox-Cycle“ bezeichnet. Eine mangelhafte Reduktion der Anode kann zu Wirkungsgradverlusten oder auch Schädigungen der Brennstoffzelle führen. Die Kenntnis des Anodenzustandes ist daher von entscheidender Bedeutung für den sicheren Betrieb der Brennstoffzelle.
Durch die Aufbringung von Schichten im Nano-Maßstab auf eine piezoelektrische Sensoreinrichtung - eine Kristall-Mikrowaage - wird nun der Redoxzustand der Schicht bestimmt. Mit diesem Sensor ist es somit möglich, den Redoxzustand einer mit einem Katalysatormaterial beschichteten oder aus einem Katalysatormaterial bestehenden Anode einer Hochtemperaturbrennstoffzelle erstmals online während des Betriebes zu beobachten. In der Folge kann die Brennstoffzelle immer im wirkungsgrad-optimalen Betriebsfenster gehalten werden. Für AVL List GmbH nimmt Peter Prenninger den Preis entgegen: 1960 geboren, studierte Prenninger Maschinenbau an der TU Graz. Nach einem eineinhalbjährigen Forschungsaufenthalt an der Kyoto Universität im Rahmen eines Erwin Schrödinger-Stipendiates begann Prenninger seine Tätigkeit in der AVL, wo er seit 2004 die Sonderforschungsbereiche Brennstoffzellensystem und Hybridantriebe leitet.
Kategorie 3 – Nachwuchsförderung
Dipl.-Ing. Ulrich Rant, TU München
In der Kategorie „Nachwuchsförderung” wird ebenfalls ein Absolvent der TU Graz ausgezeichnet: Der mit 2.000 Euro dotierte Preis geht an den Physiker Ulrich Rant, der mittlerweile am Walter Schottky Institut der TU München tätig ist. Die Auszeichnung erhält er für seine Arbeit „Dynamical Electrical Switching of DNA Layers on a Metal Surface“, in der er sich mit den physikalischen Eigenschaften von nanometerlangen, synthetischen DNA-Strängen, die chemisch an eine Goldoberfläche gebunden sind, befasst. Rant bewegt sich damit in einem Grenzbereich zwischen Physik, Chemie und Biologie. Durch das Anlegen elektrischer Felder können die von Natur aus negativ geladenen DNA-Moleküle an der Oberfläche manipuliert werden, während ihr Zustand mit Hilfe optischer Methoden berührungslos und in Echt-Zeit bestimmt wird. Durch Laserlicht werden dabei Farbstoffmoleküle am oberen Ende der DNA angeregt. Da diese Marker die Nähe zur Goldoberfläche aufgrund eines Energietransfer-Prozesses „fühlen“, kann aus dem von ihnen emittierten Fluoreszenzlicht auf die Orientierung der DNA-Moleküle geschlossen werden.
Rants neuartige Experimente mit schaltbaren Bio-Molekülschichten lieferten fundamentale Erkenntnisse zur elektrischen Wechselwirkung zwischen hoch geladenen Makromolekülen, ionischen Abschirmfeldern und geladenen Oberflächen in wässriger Umgebung. Weiters gelang es erstmals mittels zeitaufgelöster Messungen die Molekulardynamik von DNA in elektrischen Feldern an der Flüssig/Fest-Grenzfläche zu untersuchen. Dabei entdeckte Rant grundlegende Unterschiede zwischen einzel- und doppelsträngiger DNA, die mit der verschiedenen Steifheit der Molekülkonformationen in Zusammenhang gebracht werden konnten. Die erhaltenen Ergebnisse haben greifbaren Anwendungsbezug: Rant konnte zeigen, dass die schaltbaren DNA-Schichten vielseitig für die Bio-Sensorik eingesetzt werden können. 1975 in Graz geboren, studierte Ulrich Rant Technische Physik an der TU Graz, wo er nach dem ausgezeichneten Abschluss des Diplomstudiums am Institut für Festkörperphysik auch wissenschaftlich tätig war. Sein Doktorats-Studiums am Walter Schottky Institut der TU München schloss Rant erst kürzlich - Ende August 2005 - erfolgreich ab.
Themenspezifischer Sonderforschungspreis
Mag. Dr. Liliana De Campo, Karl-Franzens-Universität Graz
Ebenfalls mit 2.000 Euro dotiert ist der „Themenspezifische Sonderforschungspreis”, der heuer erstmals verliehen wird und an die Grazerin Liane de Campo geht. Sie erhält die Auszeichnung für ihre Arbeit „Food Goes Nano: Nanostructured Vehicle Systems for Functional Food”. Wurden Erkenntnisse in den Nanowissenschaften bisher vor allem in Elektronik und Optik genutzt, ist es der jungen steirischen Wissenschafterin im Rahmen ihrer Dissertation gelungen, kontrollierte Nanostrukturen in Flüssigkeiten für Anwendungen im Lebensmittelbereich herzustellen und zu charakterisieren. Sie hat damit dem Bereich der funktionellen Lebensmittel ein neues Tor geöffnet: Längst geht es in der modernen Lebensmittelforschung nicht mehr nur darum, die richtigen Inhaltsstoffe zu finden. Diese sollen in kontrollierter Form in optimierte interne Strukturen eingebaut werden, dass sie optimal vom Körper aufgenommen werden und so ihre beste Wirkung entfalten können. De Campo gelang es im Rahmen ihrer Dissertation am Institut für Chemie der Karl-Franzens-Universität völlig neuartige, nanostrukturierte Partikel für den Transport funktioneller Moleküle selbst herzustellen und mit Hochleistungsröntgengeräten zu charakterisieren. Ein Nachfolgeprojekt wurde bereits gestartet, de Campo setzt ihre Forschungsarbeit mittlerweile an der Universität Sydney fort.
Liliana de Campo wurde 1973 in Graz geboren. Sie studierte Umweltsystemwissenschaften und Chemie an der Karl-Franzens-Universität Graz, wo sie 2001 ihr Diplom-Studium wie auch das Doktorat 2004 mit Auszeichnung abschloss.
Rückfragen:
Mag. Alice Senarclens de Grancy
TU Graz - Medienarbeit
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