Technische Universität Graz
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19.07.2013 - Wissenschaft

Internet zum Anfassen: Weltweite Logistik als „Physical Internet“

TU Graz federführend bei EU-Projekt “Modulushca”

Ein Logistik-System nach dem Vorbild des World Wide Web. Die Vision des sogenannten „Physical Internet“ ist es, statt digitaler Datenpakete reale Güter um den Globus zu schicken, in genormten modularen Behältersystemen, gemeinsam genutzten Transportmitteln und über offene Netze. Damit sollen Güterströme weltweit effizienter, flexibler und nachhaltiger werden. Im ersten realen Beitrag zur Verwirklichung dieser Vision, dem EU-Projekt „Modulushca“, spielt die TU Graz mit der Entwicklung der modularen Transportboxen eine federführende Rolle. Nach Abschluss der Voruntersuchungen arbeiten die Forscher derzeit an ersten Prototypen.

Große Warenhändler sind bislang logistische Einzelkämpfer: Sie betreiben riesige Distributionszentren nur für den eigenen Zweck, haben eine eigene Flotte an Transportmitteln und ein eigenes System der Warenlieferung. „Diese Individualität der Logistikbranche ist der Grund, warum das System trotz vieler Bemühungen relativ unflexibel, ineffizient und wenig umweltfreundlich ist“, schildert Christian Landschützer vom Institut für Technische Logistik der TU Graz. Lkw und Container sind selten voll genutzt und reisen oftmals völlig leer zu ihrem Ausgangspunkt zurück, bevor sie sich wieder halbvoll auf den Weg machen. „So können alle Bemühungen, die Transport-Technologien zu verbessern, die steigende CO2-Belastung im Warenverkehr nicht aufhalten“, so Landschützer.

Vorbild World Wide Web

Dieses grundsätzliche Problem der Logistikbranche beheben will die internationale Initiative „Physical Internet“. So wie im World Wide Web Informationen als Datenpakete durch weit verzweigte, offene Routen geschickt werden, sollen auch Güter in einem weltweiten Logistik-Verbund nahtlos, schnell und flexibel an ihren Bestimmungsort gelangen. Ein genormtes, modulares Behältersystem, synchronisierte Lieferungen, ein gemeinsames Transportnetz und schließlich die gemeinsame Nutzung von Ladekapazitäten sollen das „Physical Internet“ wahr werden lassen. „Die physische, digitale und operative Vernetzung der weltweiten Logistikbranche ist ein Kraftakt. Bis 2030 wollen wir das Ziel des globalen physischen Internets aber erreichen“, sagt Landschützer.

Modular und flexibel

Das EU-Projekt „Modulushca“ ist ein erster konkreter Schritt. Am Beispiel Konsumgüter wollen die Logistikexperten das Konzept des physischen Internet erstmals in die Praxis umsetzen. Für die Entwicklung der modularen Transportboxen ist das Team vom Institut für Technische Logistik der TU Graz zuständig und hat damit eine maßgebliche Rolle in dem Projekt: „Um die Vision zu realisieren, brauchen wir standardisierte und flexible Containersysteme, die zahlreiche Anforderungen erfüllen müssen“, betont Landschützer. Die mit Sommerbeginn abgeschlossenen Voruntersuchungen der Grazer haben ergeben, dass die modularen Transportbehälter über 30 verschiedene Kriterien erfüllen müssen: Sie sollen unter anderem recyclebar, dicht, stapelbar und zusammenklappbar sein, mit einheitlicher Kennzeichnung und geringem CO2¬-Verbrauch in der Herstellung. „Die Boxen müssen einiges aushalten. Sie sollen ISO-genormt werden, da sie in verschiedenen Größen je nach Bedarf kombiniert werden und in sämtliche Transportmittel passen müssen“, so Landschützer. Bis zum Sommer 2014 sollen die ersten Prototypen fertig sein. Andere Projektpartner konzentrieren sich im Rahmen von „Modulushca“ auf konkrete Konzepte, wie die eigentlich konkurrenzierenden Händler ihre Logistiktätigkeiten bündeln und operativ vernetzen können. Modulushca ist im Oktober 2012 gestartet und hat eine Projektlaufzeit von drei Jahren. Neben der TU Graz sind weitere Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Logistikunternehmen und Warenhändler aus ganz Europa Teil des Projekt-Konsortiums. Unterstützt wird das Projekt durch das "7th Framework Programme" der Europäischen Kommission.


 

Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Christian Landschützer
Institut für Technische Logistik

landschuetzer
@tugraz.at

Tel.: +43 (0) 316 873 7325
Mobil: +43 664 3549554