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14. Februar 2007

Mörtel mit Geschichte:
TU-Forscher erschließen Rezepturen antiker Baustoffe

Geowissenschafter verfeinern Verfahren zur Altersbestimmung

Die römische Siedlung Flavia Solva, die mittelalterliche Burg Schachenstein oder die Grazer Leechkirche verbindet eines: Mörtel und Putze halten sie seit Jahrhunderten zusammen. Drei Jahre lang haben Wissenschafter des Instituts für Angewandte Geowissenschaften der TU Graz im Rahmen des FWF-Projekts „Historische Mörtel und Putze in Österreich“ eine Zeitreise durch die Geschichte dieser alten Baustoffe unternommen. Den Forschern ist es dabei gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem sie das Alter der anorganischen Baumaterialien bestimmen und so Rückschlüsse auf das Entstehungsdatum des Baus ziehen können. Mit ihren Erkenntnissen über alte Techniken und Rezepturen zeigen die Wissenschafter zudem, wie Handwerker historische Bauten möglichst originalgetreu sanieren können.

Mauermörtel verbindet Baumaterial, Putzmörtel kleidet ein Gebäude aus. Die Funktion dieser Baustoffe ist bekannt, wie viele Informationen sie über Entstehungsdatum und historische Herstellungstechnik alter Bauwerke liefern, jedoch neu. „Mörtel besteht aus einem Bindemittel wie etwa Kalk und Zuschlagstoffen wie zum Beispiel Sand“, erläutert Projektleiter Martin Dietzel, „Kopf“ des Instituts für Angewandte Geowissenschaften der TU Graz. „Schon das Mischungsverhältnis und die verwendeten Baustoffe können Informationen über Ursprungsort, Entstehungszeitpunkt des Materials und das Wissen der damaligen Baumeister liefern.“ „Die Geschichte des Bindemittels umfasst den Brand, das Löschen, die Verarbeitung und das Erhärten des Materials“, schildert Barbara Kosednar-Legenstein, die im Rahmen des FWF-Projekts ihre Dissertation verfasst hat. Für die Altersbestimmung der Stoffe nutzen die Forscher bekannte Möglichkeiten auf neue Art: „Wir charakterisieren das unbelebte Material über stabile Isotope von Kohlenstoff und Sauerstoff und erkennen so, ob es sich für die eigentlich für organische Stoffe verwendete Radiokarbondatierung eignet“, erläutert Kosednar-Legenstein. Entscheidend ist diese Erkenntnis, um archäologisch bestimmte Alter von Funden zu bestätigen, bei denen es keine organischen Spuren wie etwa Holz gibt.

Altbewährte Rezepte für die Handwerker von heute

Für die Studie untersuchten die Grazer Geowissenschafter unter dem Elektronenmikroskop und in chemischen Analysen 120 Proben historischer Gebäude von der römischen Kaiserzeit über das Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. „Die strukturelle und geochemische Zusammensetzung sowie spezielle Isotopensignaturen zeigen uns die verwendeten Rezepturen und Rohstoffe“, erklärt Dietzel. Dieser sichtbare „Fingerabdruck“ variiert von Epoche zu Epoche und mitunter auch innerhalb eines Zeitabschnitts: So war Ziegelsplit etwa eine typische Zutat der Römer. „Wir können durch unser Wissen über ‚Zutaten‘ und Herstellungsmethoden Hinweise darauf geben, wie die antiken Bau-stoffe vom Brand bis zur Anwendung behandelt wurden“, so Dietzel. „Mit diesen ‚Rezepten‘ leisten wir einen Beitrag, dass wichtige kulturhistorische Gebäude originalgetreu und im Sinne des Denkmalschutzes saniert werden können.“

Rückfragen:
Mag.rer.nat. Dr. rer.nat. Barbara Kosednar-Legenstein
Institut für Angewandte Geowissenschaften
Email: kosednar-legenstein@TUGraz.at
Tel: +43 (0) 316 873 6870

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