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4. September 2007

Dem Geheimnis des Glasübergangs auf der Spur:
Wissenschafter der TU Graz sind Wegbereiter für neue Hochleistungsmaterialien

US-Zeitschrift veröffentlicht Ergebnisse der TU-Forscher

Gläser sind im täglichen Leben eher als Trinkbehälter oder als flache Scheiben in Fenstern bekannt. Tatsächlich aber ist aus physikalischer Sicht die Gruppe der Gläser weit vielfältiger: Sie umfasst Festkörper mit außergewöhnlichen Eigenschaften, bei denen der flüssige Zustand eingefroren ist. Physikern des Instituts für Materialphysik der TU Graz ist es nun in Zusammenarbeit mit deutschen und chinesischen Wissenschaftern gelungen, einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Mechanismen des so genannten Glasübergangs - des Übergangs vom amorphen, also strukturlosen Festkörper in den Zustand der unterkühlten Schmelze - zu leisten. Die renommierte amerikanischen Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichte die Ergebnisse, die große Praxisrelevanz versprechen.

Ob für die Medizintechnik, Sportgeräte oder moderne Hochleistungsstähle: Immer mehr Metalle lassen sich in den amorphen Zustand bringen. Damit zählen sie zu den „metallischen Gläsern“, deren ungeordnete Strukturen außergewöhnliche mechanische und magnetische Eigenschaften besitzen sowie hohe Korrosionsbeständigkeit aufweisen. „Der so genannte Glasübergang in diesen Festkörpern ist von enormer Bedeutung für die Beschaffenheit der Materialien, Wissen über diesen Vorgang daher von zentraler Bedeutung für mögliche Anwendungen“, erläutert Projektleiter Wolfgang Sprengel vom Institut für Materialphysik der TU Graz. „Beim Glasübergang ändern sich die mechanischen Materialeigenschaften rapide mit der Temperatur“, erklärt der Wissenschafter. „Aus unseren neuesten Untersuchungen können wir schließen, dass sich metallische Gläser in der Nähe des Glasübergangs ähnlich verhalten wie kristalline Metalle bei Erwärmung: Sie sind wesentlich von der Einführung freier atomarer Plätze bei höheren Temperaturen bestimmt, die bei Absenkung der Temperatur wieder verschwinden“, so Sprengel.

Ausgedehnt gemessenes Glas

Der Nachweis gelang den Forschern, die mit Wissenschaftern der Universitäten Beijing, Stuttgart und Ulm kooperieren, mit der „Methode der zeitdifferenziellen Dilatometrie“: „Darunter verstehen wir eine zeitabhängige Ausdehnungsmessung bei konstanter Temperatur nach raschen Temperaturwechseln, mit der wir Änderungen der Materialabmessungen bis in den Nanometerbereich bestimmen können“, so Sprengel, der die lasergestützte Messmethode am Institut für Materialphysik der TU Graz weiterentwickelt. „Die Ergebnisse der Forschungsarbeit sind ein wichtiger Schritt für das Verständnis amorpher Materialien wie Quarzglas und Polymere und sind von großer Bedeutung für die Festkörper- und Materialphysik“, zeigt sich Institutsleiter Roland Würschum optimistisch.

Die Arbeit wurde kürzlich in der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS, Bd. 104 (2007), S. 12962) veröffentlicht und ist online verfügbar unter http://www.pnas.org/cgi/content/short/104/32/12962

 


Rückfragen:
Dr.rer.nat. Univ.-Doz. Wolfgang Sprengel
Institut für Materialphysik
Email: w.sprengel@TUGraz.at
Tel: +43 (316) 873 - 8686

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