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22. Juni 2005

Wo bleibt die Weltklasse?

Sommergespräch mit TU-Rektor Hans Sünkel

„Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“ – mit diesen Worten machte sich das Rektorat der TU Graz vor zwei Jahren auf den Weg zur autonomen Universität. Bald ist nun „Halbzeit“ für das erste Rektorat nach dem neuen Universitätsgesetz - Anlass für eine Bilanz und einen Ausblick auf zwei weitere intensive Jahre „im Dienst der TU Graz“.

„Wir sind weiter unterwegs, um unser Ziel zu erreichen. Dass dieser Weg kein Spaziergang ist, sondern mitunter steil und steinig sein würde, wussten wir. Dass er machbar ist, davon sind wir auch heute überzeugt.“ Gewohnt optimistisch fällt das Resümee von TU-Rektor Hans Sünkel zu zwei Jahren Amtszeit aus. Dennoch: „Bremsen und Gasgeben gleichzeitig“ bleibt budgetbedingt weiter die Devise.

„Die Mittel begrenzen die Möglichkeiten“ – Alternative Lösungswege als Anker

„Wir verwalten die 91,8 Millionen Euro Bundesbudget, die uns zur Verfügung stehen, äußerst behutsam“, formuliert Sünkel vorsichtig. Mit vereinten Kräften gelang der TU Graz 2004 so eine budgetäre „Punktlandung“, also eine ausgeglichene Bilanz. „Raum für gerade in den Ingenieur- und Naturwissenschaften dringend benötigte Investitionen in neue Labors und Geräte lässt das allerdings kaum“, bemängelt der Rektor die begrenzten Möglichkeiten. „Wir bemühen uns daher, die Qualität in Forschung und Lehre mit anderen Mitteln aufrecht zu erhalten und auszubauen.“ Die TU Graz begegnet finanziellen Engpässen mit einem verstärkten Ausbau der Drittmittel-Aktivitäten, die 2004 bereits 24 Millionen Euro ausmachten. Als weiteren Schritt, neue Gelder zu lukrieren, sieht Sünkel den konsequenten Ausbau von Fundraising-Aktivitäten sowie die neu errichtete Servicestelle für „Intellectual Property Rights“, die Mitarbeitern Unterstützung bei der Patentierung ihrer Erfindungen bietet.

Eingespart wird aber auch durch den Nutzen von Synergien vor Ort und international: Im Rahmen des „Forums der Steirischen Universitäten“ sind die steirischen Universitäten eng vernetzt. Mit „NAWI Graz“ wurde im Vorjahr mit der Karl-Franzens-Universität eine österreichweit einzigartige Kooperation für naturwissenschaftliche Forschung und Lehre geschaffen. Mit Joanneum Research
will man ebenso gemeinsame Aktivitäten entwickeln und hat dies in einer Kooperationsvereinbarung besiegelt. Neue Türen in Asien möchte die TU Graz im Rahmen mehrerer Partnerschaften mit koreanischen Hochschul-Einrichtungen öffnen. Aber auch der Austausch mit den USA soll forciert werden: Erst kürzlich unterzeichnete Sünkel den Vertrag für eine Chemie-Sommerschule, die im Austausch mit der US-Universität in Syracuse stattfindet. „Die TU Graz profiliert sich damit national und international als Kompetenzzentrum in den technischen Wissenschaften“, freut sich der Rektor und will ähnliche Kooperationen weiter vorantreiben.

„Wir gestalten die Zukunft der TU Graz“ – Lehre, Forschung und Infrastruktur


„Wir gestalten heute aktiv die Zukunft der TU Graz“, weiß Sünkel um die Verantwortung des Rektorates. Ganz bewusst betreibt die TU Graz daher eine progressive Personalpolitik bei Berufungen und forciert die Weiterentwicklung in Lehre und Forschung in ausgewählten Bereichen. Um die hohe Qualität weiter zu gewährleisten, investiert man etwa gezielt in Berufungen von ausgezeichneten Persönlichkeiten.

Auf der ganzen Linie geglückt ist die Organisationsreform an der TU Graz, die seit 2004 sieben Fakultäten mit insgesamt 104 Instituten zählt: „Um die Flexibilität des Handelns und die Motivation der Forscher zu gewährleisten, wurden bewusst kleine Organisationseinheiten gewählt – ein Angebot, das im Haus durchwegs positiv aufgenommen wurde“, freut sich Sünkel.

Für die Forschung wurden elf Kernkompetenzbereiche definiert, die künftig Stärkefelder der TU Graz darstellen sollen. Mit Monatsbeginn wurde das Forschungs-Kompetenznetzwerk für Fügetechnik „JOIN“ ins Leben gerufen. Die TU Graz ist damit an insgesamt elf Kompetenzzentren und vier Kompetenznetzwerken beteiligt und liegt mit dieser Zahl österreichweit mit großem Abstand im Spitzenfeld. Allerdings: „Die Zukunft der Kompetenzzentren ist derzeit noch nicht gesichert“, schlägt Sünkel Alarm. Allein könne die Universität den Weiterbestand dieser erfolgreichen Einrichtungen, die die Kompetenzen von Wissenschaft und Wirtschaft verbinden, wohl nicht garantieren.

Ebenfalls im Spitzenfeld findet sich die TU Graz mit insgesamt sieben Stiftungsprofessuren. Herausragend: Das Frank Stronach Institute (FSI), für das Magna neben drei Professuren auch modernstes technisches Equipment erwirbt und die Gebäudemieten begleicht.

Neues aus der Lehre gibt es im Herbst: Das Studium der Technischen Mathematik wird auf Bakkalaureats- und Magisterstudienplan umgestellt und ist damit erstmals auch als Kurzstudium inskribierbar. Die TU Graz bietet damit bereits fünf Bakkalaurats-Studien an und beschreitet so konsequent den Weg nach Bologna. Deutlich ausgebaut werden soll künftig der Bereich der Informatik – hier sind zusätzliche Studienangebote in Planung. Der postgraduale Universitätslehrgang „Space Sciences“ geht in die dritte Runde, an der Architektur-Fakultät startet ein gänzlich neuer Lehrgang für „Architectural Computing and Media Technology“. Erstmals startet im Herbst das Doktorandenkolleg „Molekulare Enzymologie“, das im Rahmen der Kooperation „NAWI Graz“ gemeinsam mit der Karl-Franzens-Universität angeboten wird. Bereits im Vorfeld führte das neue Angebot zu einem „Run“ Interessierter: 350 Personen aus aller Welt bewarben sich für die fünfzehn Dissertantenstellen an den beiden Universitäten.

Nach wie vor bemüht sich die TU Graz vermehrt Mädchen zu einem technischen Studium zu ermuntern. Neueste Initiative am Weg dorthin: Im Rahmen von „Teens treffen Technik“ absolvieren Oberstufen-Schülerinnen ein mehrwöchiges Ferialpraktikum an der TU Graz und schnuppern so erstmals Universitätsluft im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich.

„Wo bleibt die Weltklasse?“ – ein Plädoyer für Exzellenz

„Warum nicht Graz?“, fragt Rektor Sünkel und spielt auf die geplante Errichtung einer Exzellenz-Universität an. Als Befürworter der Idee äußert er ein klares „ja“ zur Förderung von Spitzenleistung: „Die TU Graz ist fest entschlossen, den Weg der Exzellenz zu beschreiten.“ Der Platz sei vorhanden, die österreichweit einzigartige Kooperation zwischen den naturwissenschaftlichen Fakultäten der TU Graz und der Universität Graz würde den optimalen Nährboden bieten. Durch den Endbericht der ministeriellen Arbeitsgruppe sieht sich Sünkel eher bestärkt: „Wir erfüllen die geforderten Kriterien: Die steirischen Universitäten und Forschungseinrichtungen sind bereits vernetzt, die geforderte Cluster-Bildung hat längst stattgefunden.“ Und das vom Ministerium geforderte „erstklassige Freizeit- und Kulturangebot“ sollte in der Kulturhauptstadt auch kein Problem sein. „Außerdem sind wir damit einverstanden, einziger Standort zu sein“, polemisiert Sünkel. Statt dessen würde „auf der grünen Wiese“ und am Boden vermeintlich „frischen“ Geldes eine noch nicht existierende Einrichtung zur Elite-Schmiede erklärt, kritisiert der Rektor. Gleichzeitig werde suggeriert, die bestehenden Universitäten wären lediglich „Mittelmaß“. „Die Rolle der bestehenden Universitäten wird auf die von Zaungästen reduziert, während die neue Exzellenz-Uni Sonderrechte zugesprochen bekommt“, ortet der Rektor „grobe Wettbewerbsverzerrung“. Wolle man Exzellenz fördern, müsse man Beschränkungen einführen, die nur die besten Köpfe zulassen. Den bestehenden Universitäten bliebe dies verwehrt.

Dem für Anfang Juli erwarteten Urteil des Europäischen Gerichtshofes sieht der Rektor gelassen entgegen: „Wir erwarten keine Studierendenschwemme. Im Gegenteil: Gerade in den ingenieurwissenschaftlichen und technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen, wo die Karriereperspektiven nach wie vor ausgezeichnet sind, sind wir noch durchaus aufnahmefähig.“ Als Ausnahme sieht Sünkel allerdings Fächer, bei denen „das Angebot an Absolventen deutlich höher liegt als die Nachfrage des Marktes“ und benennt das Architektur-Studium.

Bildmaterial zur TU Graz verfügbar unter http://presse.TUGraz.at.

Rückfragen:
Mag. Alice Senarclens de Grancy
TU Graz - Medienarbeit
Tel 0316 873 6006
Mobil 0664 60 873 6006
Email alice.grancy@TUGraz.at

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