"Und sie bewegt sich doch - die Universität"
Ganz im Zeichen von Wandel und Veränderung stand die Inaugurationsrede
des neuen TU-Rektors Hans Sünkel. Neben den globalen und politischen
Umwälzungen hob Sünkel den Wandel der technischen Disziplinen besonders
hervor: "Informations- und Kommunkationstechnologie, Nanotechnologie,
Biotechnologie, Geotechnologie, Satellitentechnologie eröffnen uns
Möglichkeiten und Chancen, die wir in ihrer Fülle und Tragweite noch gar
nicht so richtig realisieren können und mit deren Ausschöpfung wir doch
gerade erst begonnen haben". Auf diesen "kräftigen Wind" der Entwicklung
kennt der TU-Rektor eine klare Antwort: "Entweder man baut Mauern, um
sich vor dem Wind zu schützen, oder man baut Segelschiffe, um neue Ufer
zu erreichen", fordert er auf die Segel zu setzen. Den Universitäten
käme in dieser Entwicklung die Aufgabe zu neue Strömungen und
Bedürfnisse als solche zu erkennen und adäquate Lösungsmodelle
bereitzustellen: "Nachdenken, um vorausdenken zu können, denken in die
Zukunft - das macht eine Universität aus!" Die Universitäten stünden
heute ein in einem internationalen Wettbewerb, in dem es neuer
Strategien und Strukturen und daher auch geänderter Rahmenbedingungen
bedürfe.
Als eine der "größten Zeitenwenden der österreichischen universitären
Landschaft während der letzten 200 Jahre" bezeichnete Sünkel das
Universitätsgesetz 2002, der zugleich darauf hinwies, dass ein
hinreichendes Maß an Freiheit für internationale Spitzenleistungen im
"magischen Dreieck von Wissenschaft, Forschung und Lehre" unumgänglich
sei. Der TU-Rektor warnt in diesem Zusammenhang vor einer "Trägheit, die
Veränderungen ablehnt": "Wer sich Veränderungen verweigert, der wird
sehr bald auch das verlieren, was er bewahren möchte. Wir wollen uns
verändern, weil wir Gutes bewahren wollen. Wir werden uns von so manch
Liebgewonnenem, aber mittlerweile nicht mehr ganz Zeitgemäßem
verabschieden und dieses in unseren ganz persönlichen universitären
Tabernakelschrank stellen, und mitunter wird auch ein Schlachten
heiliger Kühe nicht ganz ausbleiben können." Einen unverwechselbaren
Fingerabdruck zu entwickeln ist dabei laut Sünkel im globalen Wettstreit
unverzichtbar: Die TU Graz fokussiert sich daher auf wissenschaftliche
Kernbereiche in Form von Forschungsschwerpunkten.
Forschung und Lehre will Sünkel auf internationales Spitzenniveau
bringen: "Unser mittelfristiges Ziel ist es unsere Universität zu einer
Forschungsuniversität der internationalen Spitzenklasse umzugestalten,
zu einem Ort harmonischer Wechselwirkung zwischen hochkarätiger
Forschung einerseits und forschungsorientierter Lehre andererseits."
Dazu bedürfe es aber auch einer adäquaten Ausstattung mit Ressourcen.
Derzeit sei die Kapitalausstattung in Form eines äußerst knapp
bemessenen Grundbudgets eine unüberwindbare Hürde bei der Erreichung
dieses Ziels. Das fünfköpfige Rektoratsteam stelle sich aber dieser
budgetären "Herausforderung": Weder vom Rektorat der TU Graz, noch von
den anderen steirischen Rektoren werde daher ein "Jammern" erklingen.
Der Rektor setzt weiters auf vermehrte partnerschaftliche Kooperation
mit den Nachbaruniversitäten, den außeruniversitären
Forschungseinrichtungen sowie mit Industrie und Wirtschaft und reicht
auch den Fachhochschulen die Hand: "Wir verstehen die Fachhochschulen
ganz und gar nicht als Konkurrenz, sondern vielmehr als wertvolle
komplementäre Ausbildungsstätten. Wir wollen Partnerschaften begründen
in Form eines fairen Handshakes inmitten einer tragfähigen Brücke, die
auf den soliden Pfeilern der gegenseitigen Achtung und des Vertrauens
ruht. Partnerschaften zur gedeihlichen Fortentwicklung und somit zum
Wohle aller beteiligten Partner."
Die Studierenden versteht Sünkel als "Kolleginnen und Kollegen, die im
Laufe ihres Studiums vom Kunden zum Partner mutieren". Das
internationale Profil der Universität soll auch im Bildungsangebot
vermehrt sichtbar werden: Lehrveranstaltungen in Englisch sollen vor
allem in den Master- und Doktoratsprogrammen zur Selbstverständlichkeit
werden. Wichtiges Anliegen ist die deutliche Verkürzung der "überbordend
langen" Durchschnittsstudienzeiten. Weiters sieht Sünkel im steigenden
Bedarf nach Weiterbildung ein breites Betätigungsfeld der Zukunft.
Bei der Festlegung der neuen Organisationsstruktur hat die TU Graz die
Institute als operationelle Einheiten in Forschung und Lehre ins Zentrum
des Geschehens gerückt: "Von der hervorragenden Arbeit in unseren
Instituten lebt die Universität und erntet internationale Reputation.
Die Leistungsfähigkeit unserer Institute so weit wie nur möglich zu
steigern, ist daher unser zentrales Anliegen", so Rektor Sünkel. Die
sieben Fakultäten dienen dabei als Gebäude, die jeweils thematisch
verwandten Instituten Heimat bieten.
Steirische Karriere an die Spitze der TU Graz
Geboren am 4. Oktober 1948 in Rottenmann entschied sich Sünkel nach der
Matura für das Studium des Vermessungswesens an der damaligen
"Technischen Hochschule Graz", das er 1973 wie auch das Doktorat drei
Jahre später mit Auszeichnung abschloss. Nach einem zweijährigen
Forschungsaufenthalt an der Ohio State University kehrte der gebürtige
Steirer als Assistent an das TU-Institut für Theoretische Geodäsie
zurück, wo er sich 1981 habilitierte. 1983 erfolgte die Berufung zum
Ordentlichen Universitätsprofessor für Mathematische und Numerische
Geodäsie. Seit 1990 leitet Sünkel zudem die Abteilung für
Satellitengeodäsie des Instituts für Weltraumforschung der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dessen Direktor er 2001
wurde. Auch nach zahlreichen Lehr- und Forschungsaufenthalten in den
USA, Kanada und China kehrte Sünkel, der gleich zweimal ehrende
Berufungen ablehnte, immer wieder nach Graz zurück. Bereits seit 2000
als Vizerektor für Forschung in der Universitätsleitung tätig, steht
Sünkel seit Oktober 2003 als Rektor an der Spitze der TU Graz.
Zur Volltextversion der Inaugurationsrede
Rückfragen:
Mag. Alice Senarclens de Grancy,
Email: alice.grancy@TUGraz.at
Tel.: 0316 873 6006
Mobil: 0664 60 873 6006
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