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5. Juli 1999

Die Nano-Revolution in der Werkstoffanalyse

Subtitel

Das Forschungsinstitut für Elektronenmikroskopie (FELMI) an der TU Graz ist an der Weiterentwicklung der Untersuchungs- und Auswertungsmethoden der energiefilternden Transmissionselektronenmikroskopie (EFTEM) weltweit führend beteiligt.

Die Erfindung des Lichtmikroskops vor über 300 Jahren hat die biologisch-medizinische Forschung von Grund auf verändert. Im gleichen Ausmaß könnte die energiefilternde Transmissionselektronenmikroskopie (EFTEM) an der Revolutionierung von Halbleitertechnik, Mikrosystemtechnik und Biotechnologie teilhaben. Denn mit Hilfe eines EFTEM-Gerätes, wie es am Forschungsinstitut für Elektronenmikroskopie (FELMI) der TU Graz eingesetzt wird, können Werkstoffe bis in den Nanometerbereich, also bis in die Größenordnung von Millionstel Millimetern analysiert werden. Mit derartigen Mikroskopen ist es möglich, sämtliche Elemente des Periodensystems (außer Wasserstoff und Helium) zu detektieren und ihre Verteilung in jeglicher Zusammensetzung bis in die atomare Ebene nachzuweisen. Sämtliche Stähle und Keramiken, aber auch Flugzeugverbundwerkstoffe, Halbleiterbauelemente und Polymere bieten sich besonders für Untersuchungen an.

Die Transmissionsmikroskopie basiert auf folgendem Prinzip: Elektronen verlieren Energie, wenn sie durch eine Materialprobe geschossen werden. Diese Energieverluste besitzen charakteristische Werte, aufgrund derer Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung der Probe getätigt werden können. Der Einsatz eines Energiefilters ermöglicht darüber hinaus die Aufnahme der Energieverlustspektren von sehr kleinen Probenbereichen (einige Atomdurchmesser) oder wahlweise die Aufnahme von Elementverteilungsbildern, in denen die zweidimensionale Verteilung eines chemischen Elementes in Nanometerauflösung gemessen wird. Zusätzlich können den so bestimmten Elementen RGB-Farbwerte (RGB für rot-grün-blau) zugewiesen werden, um sowohl den Anteil als auch die Verteilung mehrerer Elemente in der Probe farblich darzustellen und damit genauestens zu bestimmen.

Das FELMI an der TU Graz ist an der Weiterentwicklung der Untersuchungs- und Auswertungsmethoden der EFTEM weltweit führend beteiligt. Besondere Verdienste erwarb sich das Team um Ferdinand Hofer und Peter Warbichler auf dem Gebiet der qualitativen Auswertung der "Element-Konzentrationsbilder", durch die man Anschaulichkeit und Aussagekraft der Elementverteilungen sehr verbessern konnte. "Auf diese Weise vermag man moderne Werkstoffe aller Art - Stähle, Legierungen, Keramiken, Polymere, Verbundwerkstoffe, Halbleiterbauelemente, heterogene Katalysatoren, Korrosionsschichten sowie Werkstoffbeschichtungen im Querschnitt - elektronenmikroskopisch zu untersuchen und ihre Mikrostruktur in aussagekräftigen Farbphotographien wiederzugeben", schreiben die beiden gemeinsam mit Co-Autor Werner Grogger in einem Artikel für die renommierte deutsche Zeitschrift "Spektrum der Wissenschaft". Eine andere Publikation zum Thema EFTEM von Hofer und Warbichler, die in der Zeitschrift "Ultramicroscopy" erschien, wurde vom maßgeblichen Institute of Scientific Information (ISI) überhaupt zum "hot paper" erklärt.

Das "heiße Eisen" EFTEM ermöglicht auf dem akademischen Sektor Werkstoffwissenschaftern, Technikern und Biologen auch im wörtlichen Sinn neue Einblicke in ihre Untersuchungsobjekte. "In der industriellen Anwendung ist EFTEM vor allem für die Halbleiterindustrie von höchster Bedeutung", ist Hofer überzeugt. "Gerade bei Halbleitern ist die genaue Definition der chemischen Zusammensetzung der einzelnen Schichten und die Gleichmäßigkeit der Schichtdicke und des Schichtaufbaus von äußerster Wichtigkeit." Da die Halbleiterbauelemente immer kleiner werden und jetzt schon Nanometerdimensionen aufweisen, setzt man am FELMI auf den Ausbau der Zusammenarbeit mit Firmen wie der AMS (Austria Mikro Systeme International, Unterpremstätten), die auf diesem Sektor tätig sind.

Seltener, aber dann mitunter auch spektakulär, beschäftigt sich das FELMI mit der EFTEM-Analyse biologischer Proben. So konnte man etwa nach Untersuchungen von Ablagerungen in der Lunge der 5.300 Jahre alten Eismumie vom Hauslabjoch (in Kooperation mit Prof. M. A. Pabst, Universität Graz) darauf schließen, daß "Ötzi" ein Vintschgauer gewesen ist. Denn: Zwischen den Rußpartikeln in der Lunge des Eismannes wurden kleine Mineralkristalle identifiziert, die in der vorgefundenen Kombination im Vintschgau vorkommen. Daß Ötzi dort einer bäuerlichen Tätigkeit nachging, legen in seiner Lunge gefundene Dresch-Rückstände nahe.

Das FELMI ging aus einem Forschungsinstitut hervor, das 1952 in Graz mit der Installation des zweiten österreichischen Elektronenmikroskops ins Leben gerufen wurde. Heute ist das Institut in die TUG integriert und direkt dem Büro des Rektors unterstellt. Das FELMI betreut unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. W. Geymayer Diplomarbeiten, Dissertationen und andere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Elektronenmikroskopie. Das Institut unterhält weltweite Forschungskooperationen. Von den 35 Institutsmitarbeitern werden 23 von der TU finanziert, 12 sind Privatangestellte des Vereines zur Förderung der Elektronenmikroskopie, dem Helmut List von AVL-List vorsitzt.

Rückfragen:
Ao.Univ.-Prof. DI Dr. Ferdinand Hofer
Email: hofer@ptc.tu-graz.ac.at
Tel.: 0316 873-8346

 

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Zeit: Montag,1.1.2004, ab 9h
Ort: TU Graz, Petersgasse 16 (Physikgebäude, Hörsaal P1
Info: unter http://www.cis.tugraz.at/info

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